Montag, 2. Juli 2007

Unfähig zum Frieden?

So lautet der Titel der diesjährigen Sommeruniversität in Loccum vom 16. -23. August, zu der sich wieder Juden, Christen und Muslime treffen. Ich bin noch ein wenig unschlüssig, ob ich hingehe, denn wir Juden werden sicherlich wieder mal in der Minderheit sein, und das bei einem politisch brisanten Thema. Vor zwei Jahren kam ich ganz begeistert von der Sommeruni wieder, es gab viel spannenden Austausch vor allem mit den Muslimen, was den religiösen Alltag anging. Wie es diesmal ablaufen wird...hm, sobald ich mehr weiß, werde ich darüber berichten....

Van Gogh und sein Ohr....

... sind wohl die bekannteste Geschichte zu den Dingen, die ein bipolarer Mensch während eines Krankheitsschubes so anstellen kann. Vielleicht hat die Gesellschaft für bipolare Störungen deshalb auch ein Selbstportrait des Malers für das Deckblatt der diesjährigen Tagungsbroschüre ausgewählt. Thema der dreitägigen Veranstaltung soll dann auch die Krisenbewältigung bei manisch-depressiven Menschen sein, es werden zahlreiche Workshops auch zum Thema Selbsthilfe durch z.B. TCM, Qi Gong oder Musiktherapie angeboten. Zugleich bietet sich die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch untereinander, oder aber auch mit Psychiatern, die sich auf dieses Krankheitsbild spezialisiert haben.

Die DGBS e.V. möchte ein wenig mehr Öffentlichkeit für die Krankheit erreichen, die ja immer noch von einigen Mythen umrankt ist - ich habe jedenfalls noch nie während eines Schubes geheiratet oder 5 Ferraris gekauft.... Vor allem soll man sich nicht mehr schämen müssen, deshalb in Behandlung zu gehen, was bei einer Krankheit, die bei Nichtbehandlung eine hohe Suizidrate hat, dringend notwendig ist.

Tagungsort ist die Uni Bochum, vom 20. - 22. September 2007, Kosten ca. 60,- €, ermäßigt 50,- €

Mittwoch, 6. Juni 2007

Es ist da!

Am Freitag Nachmittag durfte ich endlich das mit Spannung erwartete Hörspiel zu "Bordbuch Delta VII" in den Händen halten und habe es mir natürlich noch vor Schabbesbeginn angehört. Eines vorweg - schließlich ist das hier ursprünglich ein jüdisches Blog - die synagogale Musik fiel leider aus dem Drehbuch heraus. Als ich das bei den Machern ansprach, versicherten sie mir, sie hätten einen Versuch gestartet, sie einzubauen, es wäre aber zu erklärungsbedürftig gewesen. Vielleicht habe ich ja nicht gerade die günstigste Seite empfohlen - oder ich hätte selbst etwas auf CD aufnehmen sollen ;-), keine falsche Bescheidenheit, bitte! Ins Grübeln gebracht hat es mich aber schon ein wenig, denn welche kantorale Musik hört man üblicherweise in Filmen? Meistens wahrscheinlich Kol Nidrei, Kaddisch oder El Male Rachamim, weil beides dazu angetan ist, große Emotionen zu wecken, sicherlich nicht zu Unrecht. In meiner eigenen Interpretation des Buchstoffes lasse ich eine der Hauptfiguren ja dann auch Kaddisch für die Republik sagen...

Aber wir haben ja auch kein Hörspiel mit (explizit) jüdischen Themen vor uns, sondern ein ambitioniertes Sci-Fi Werk, das nicht als große Space-Opera auftritt, sondern auf unserer guten alten Mutter Erde spielt und die Frage aufwirft, wie sich Menschen, die in einer Demokratie aufgewachsen sind verhalten, wenn ihre Heimat sich plötzlich in eine Militärdiktatur verwandelt. In diesem Fall handelt es sich um die Crew des Prototypen eines Raumschiffes, die unfreiwillig in die große Weltpolitik verwickelt wird. Viele Faktoren spielen eine Rolle bei ihrer Entscheidung, die Sorge um ihre Familien, die Tatsache, dass die Gegner des Putschisten auch keine Engel sind, sowie die Verlockung, sich der neuen Regierung anzudienen, die vor allem dem Piloten einen rasanten Karriereschub verheißt.

Auch die Macht der Medien wird angesprochen, wie können Fernsehbilder und Berichterstattung die Bürger eines Landes dazu veranlassen, jeden totalitären Unsinn zu glauben? Ein Thema, das auch uns als Juden wohlbekannt ist, da wir häufig genug Abstruses über und in den Medien lesen dürfen - hier meine ich nicht nur die sehr einseitige Berichterstattung über Israel. Ganz wie es in unserer heutigen Zeit manche Demagogen tun, wird auch in jener Zukunftsvision davor gewarnt, dem Irrglauben zu verfallen, Totalitarismus, auch wenn er sich noch so positiv in der Presse verkauft, als Lösung anzusehen.

Eine spannende und aktuelle Geschichte also, vor allem, wenn man dem View Point Character in die teils düstere Atmosphäre folgt und sich mit ihm fragt, wie schnell sich eine Gesellschaft wandeln kann, wenn man nicht auf erste Warnsignale achtet...

Montag, 7. Mai 2007

Nicht jeder Schimmel bringt den Maschiach...

...sondern es könnte auch der Amtsschimmel sein. Mit diesem führe ich nämlich seit einigen Wochen ein eifriges Zwigespräch. Wie steht es so schön in Pirkei Awot 2,3: Seid vorsichtig der Regierung gegenüber, jene behandeln einen Menschen freundlich, wenn sie selbst Vorteil davon haben, sie erscheinen als Freunde, solange sie Nutzen davon haben, stehen aber einem Menschen nicht bei, wenn er selbst in Bedrängnis gerät...

In Bedrängnis bin ich zur Zeit tatsächlich, da wegen chronischer Krankheit derzeit erwerbsunfähig. Nun habe ich seit ein paar Wochen einen Platz in einer sehr schönen Tagesklinik, die sich meiner Probleme annimmt und sich alle Mühe gibt, mich wieder fit for job zu bekommen. Nur leider bekam die Klinik vor zwei Wochen die Meldung, ich sei nicht krankenversichert....öh? wie? Große Ratlosigkeit.

Es stellte sich heraus, dass mich die Argentur für Arbeit nicht mehr weiterversichert hat, weil ich nun in das Zuständigkeitsgebiet der ARGE gehöre, die nun seit einigen Wochen bei mir nach vorhandenen und nicht vorhandenen Reichtümern fahndet. Nach den Skandalen um Mallorca-Ralle ja auch durchaus verständlich, aber auch ich bin zur vermeintlichen Großgrundbesitzerin mutiert, da ich ein Siebtel des Hauses meiner Urgroßmutter besitze. Das Haus stammt von 1906 und ist bis unter das Dach mit Hypotheken belastet. Von Mieteinnahmen können wir seit Jahren nur träumen und verkaufen kann man so ein Siebtel auch nicht, wer will schon eine halbe Wohnung kaufen? Aber ich bin reich, ohne dass ich es weiß!

Aber ich gebe nicht auf zu hoffen, dass ich irgendwann alle Nachweise beisammen habe, auch wenn ich bis dahin unter eine Brücke ziehen muss...

Mittwoch, 28. März 2007

Mr. Spielberg, bitte helfen Sie uns...

sonst wird dieser Film leider nie gedreht:



Wäre doch schade um das schöne Plakat!

Gliechzeitig übersende ich schon mal die Wunschliste für die Schauspieler:

Die Guten:

Robert de Niro als John Harris
Tom Selleck als Mark Brandis
Sean Connery als Iwan Stroganow
Will Smith als Antoine Ibaka
Julianne Moore als Ruth O'Hara
Scarlett Johanson als Iris Monnier
Christipher Lambert als Robert Monnier
Nicolas Cage als Cmdr. Eddington
Roberto Benigni als Major Rossi
Jackie Chan als Tschou Wang Fu
Gong Li als Yodogimi Kato

Die Bösen:

Al Pacino als Gordon B. Smith
(wir nehmen ersatzweise auch George Clooney)
Jack Nicholson als Friedrich Chemnitzer
Anthony Hopkins als Major Bengasi
Tony Shalhoub als Dr. Ahmed

Der Film dürfte also schon Unmengen an Gagen verschlingen und nochmal so viel für Spezialeffekte und Tiertrainer (ein Collie und jede Menge Delphine). Außerdem ist es kein Nichtraucherfilm, aber Zigaretten und Getränke bringen wir selbst mit. Es wird also höchtens 500 Millionen Dollar kosten....

Montag, 26. März 2007

Über die Ordination homosexueller Rabbiner - Teil 2

Jetzt ist es beschlossene Sache, das JTS wird demnächst entsprechend begabte schwule und lesbische Studenten in das Rabbinerseminar aufnehmen, eine entsprechende Rundmail ging heute herum. Die Mail ist sehr lang, deswegen stelle ich sie nicht hier ab, also meldet Euch, wenn ich sie euch weiterleiten soll.

Eines wird deutlich, die Entscheidungskommission hat es sich nicht einfach gemacht, wohl wissend, dass die Thora mit Lev. 18,22 einen starken Einwand gegen (männliche) Homosexualität vorbringt und auch die halachische Literatur sich nicht gerade - um es milde auszudrücken - dafür ausspricht, sondern meist eher dazu rät, das Thema totzuschweigen. Wie ein mir bekannter orthodoxer Rabbiner einmal sagte: "Was unter der Bettdecke geschieht, geht nur G'tt und die Beteiligten etwas an." Andererseit gebe es aber die Tendenz, Homosexuelle freundlich in den Gemeinden willkommen zu heißen.

Das erinnert mich an einen etwas abstrusen Vorschlag, den ich einmal auf www.askmoses.com gelesen habe, dort riet der Rabbiner zu mitleidvollem Umgang mit Homosexuellen, wie mit allen Sündern und Kranken Mitleid angebracht sei, daher habe man sie freundlich in die Gemeinden aufzunehmen, um sie anschließemd wieder auf den rechten Weg zu führen....

Nun, dieses Ziel verfolgt das JTS nicht, hier geht es vielmehr darum, sich der modernen Gesellschaft zu stellen und ihre Herausforderungen anzunehmen, wozu eben auch die Anerkennung der sexuellen Ausrichtung eines Menschen gehört. Man dürfe nicht begabte Menschen vom Studium ausschließn und ihre Fähigkeiten zur Führung einer Gemeinde ungenutzt lassen.

Ich bin gespannt, welche Reaktionen das JTS erhalten wird.

Mittwoch, 21. März 2007

Historische Dokumente zu Pessach

Nichts für die Nutzer eines analogen Webzugangs - ich habe es mir im Internetcafé angeschaut - aber für alle mit einem schnelleren Zugang ganz interessant: Das JTS hat eine Website erstellt, auf der man sich Bilder historischer Dokumente zu Pessach anschauen kann, sowohl archäologische Funde als auch die Titelseiten verschiedener Haggadot. Auf Mausklick erhält man dann weitere Infotexte. Zudem gibt es eine Infoabteilung mit weiterführenden FAQs, zum Beispiel, wie Juden über die Jahrhunderte das Pessachfest vorbereitet haben. Die Seite bietet zwar nichts tiefschürfend Neues, ist aber recht nett anzuschauen.

Montag, 19. März 2007

Sarah-Hagar Tag, Rückschau

Also erst mal vorab, der Tag war eine positive Erfahrung, es gab keine interreligiösen Zickigkeiten (alles schon erlebt) und die Frauen hatten echtes Interesse aneinander. Ich selbst sollte einen Workshop zum Thema "Religiöse Traditionen gestalten - im Judentum" machen und hatte mich auch dementsprechend vorbereitet.

Allerdings stellte sich heraus, dass bei den Frauen erst einmal allgemeiner Wissensbedarf zum Judentum vorhanden war. In meinem Workshop saßen hauptsächlich Musliminnen, die es ganz aufregend fanden, mal mit einer Jüdin zu sprechen. Im Vordergrund standen allerdings religiöse Fragen, politische Polemik, wie ich sie schon mit Christen erlebt hatte, blieb glücklicherweise aus. Über Frauenfargen konnten wir dann aber nur am Rande sprechen, was natürlich schade war. Aber das läßt sich ja nachholen!

Donnerstag, 15. März 2007

Hirschmann kommt - Jews in Space!

Also heute erreichte mich nicht nur die Nachricht, dass endlich der heißersehnte Nachdruck von "Aufbruch zu den Sternen" zu mir unterwegs ist, sondern auch endlich das Hörspiel zu "Bordbuch Delta VII" einen festen Erscheinungstermin bekommen hat, yippieh! Nur zur Erinnerung, das war das Ding mit dem jüdischen Präsidenten, der am Yom Kippur, der aber nicht erwähnt wird, eine wichtige Besprechung hat, bei der er Tee trinkt, was er aber darf, weil er krank ist, worauf er an Sukkot in der Wüste sitzt, aber in der anderen Richtung, als unsere Vorfahren damals gegangen sind und trotzdem wird er noch vor Pessach befreit - alles klar? Außerdem gibt es noch einen Mann, der seine Freundin bei synagogaler Musik zum Durchbrennen bewegen will - es darf ja keiner hören. Wenn das nicht Voraussetzung ist, in einem jüdischen Blog erwähnt zu werden!

Pessach-tauglich ist jedenfalls folgendes Rezept aus dem Heimatland von Hirschmanns Gegenspieler, ich schlage Versöhnung durch Essen vor:

4 Eier
1 1/4 Tasse Zuckersirup
1 Tasse normaler Zucker
1 1/2 Tasse zerkrümelte Pecannüsse
4 TL Butter
Vanillezucker

Zucker und Zuckersirup 2-3 Minuten kochen lassen. Die Eier aufschlagen und den Sirup langsam unterrühren, dann die restlichen Zutaten unterrühren. Das ganze dann in einer flachen Backform bei etwa 180 Grad für 45 Minuten abbacken und viellecht schon einmal einen Zahnarzttermin vereinbaren. Kalorienzahl unbekannt!

Die Psychologie der Frauen

Eben habe ich noch einmal ein bißchen in Louis Jacobs A Tree of Life herumgeblättert, einer interessanten Sammlung zur Entwicklung des jüdischen Rechts, übrigens gehört das Buch zur Pflichtlektüre, wenn man sich am JTS in New York einschreiben will. Ich wollte, nachdem ich Medbrains Blogg On the Move etwas spannendes zum Thema Abtreibung gelesen habe, mal nachblättern, ob auch Jacobs etwas zum Thema beizutragen hat. Leider nicht, aber im Kapitel über Psychologie der Halacha standen dennoch einige spannende Dinge zum Thema Frauen und jüdisches Recht und wie es darauf Rücksicht nimmt, einige sind Euch vielleicht schon bekannt:

  • Im Falle einer Scheidung dürfen Mann und Frau nicht in einem Hof zusammen wohnen bleiben, auch wenn er ihnen gemeisam gehört. Die Frau muss ausziehen, da ihr eher zugetraut wird, sich in einem neuen Umfeld zurechtfinden zu können (Ketubot 28a)
  • Ein etwas bekannteres Thema: Bei der Versorgung von Waisen sind Mädchen vorzuziehen, wenn nicht genug Geldmittel vorhanden sind, da es Mädchen nicht zuzumuten ist, Betteln zu gehen (Ketubot 67a)
  • Ein Stück Land, das einer Frau nach einer Scheidung auf Grund er Ketuba zusteht, darf nicht gepfändet werden (Gittin 49b) *
  • Eine rabbinische Diskussion gab es tatsächlich zum Thema, ob Frauen am Schabbat Schmuck tragen dürfen - heute ist das ja gemeinhin erlaubt. Einige Rabbiner meinten aber, dass Frauen durch ihr natürliches Bedürfnis, diesen vor ihren Freundinnen herumzuzeigen, das Trageverbot übertreten könnten (Schabbat 59b)

Ausgenommen waren hiervon nur vornehme Frauen, die es wahrscheinlich für unter ihrer Würde befunden hätten, den Schmuck abzunehmen und herumzuzeigen. Ich kann nur vermuten, wie sich dieses Gesetz zu unseren Gunsten wandelte, vielleicht ja ähnlich wie die mittelalterliche Diskussion über die aktive Teilnahme von Frauen am G'ttesdienst. Dies sollte nämlich auch nur besonderen Frauen vorbehalten bleiben, bis ein paar kluge Rabbiner entschieden "Alle unsere Frauen sind besondere Frauen". Sie erkannten damit das Verdienst der weiblichen Mitglieder um den Wohlstand der Gemeinden an.

Kurioses gibt es aber auch immer wieder. Als ich mal zur Vorbereitung eines Frauenseminars im Traktat Ketubat stöberte, stieß ich auf eine Diskussion zum Thema weibliche Zeugen. Frauen sind ja bekanntlich bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Familienstandsbezeugungen) nicht vor traditionellen Gerichten zugelassen, was sich erst jetzt ein wenig lockert. Hier ging es um die Frage, ob eine Frau bezeugen dürfe, dass eine andere während einer Gefangennahme durch Feinde Jungfrau geblieben sei. Die Rabbinen entschieden dafür, da eine Frau nur selten ein gutes Haar an einer anderen ließe, und einer solchen Aussage deswegen Glauben zu schenken sei.

Mein feministisches Herz rebelliert zwar gegen die Begründung, aber wenn ich mir manche Gespräche im Bus so anhöre... es scheint leider was Wahres dran zu sein.

Ok, ich bin manchmal auch nicht besser!

* Die Abfindung der Frau durch Geld ist eine relativ neue Regelung. Zwar wurden auch in rabbinischer Zeit Geldbeträge angegeben, aber da Bargeld bis in die frühe Neuzeit eine rare Sache war, schien es sinnvoll, Sachwerte dafür zu nehmen, die aber nicht in den gemeinsamen Haushalt einfließen durften. Der Mann sollte nicht sagen können: "Ich habe dir ja schon das und das gekauft, also geh!"