Donnerstag, 14. September 2006

Deutsche Juden 2069 - Gmar Chatima Towa Präsident Hirschmann

Jetzt habe ich so lange nicht mehr gebloggt, dass ich schon fast meinen Usernamen vergessen habe!

Letztens kam ich auf Umwegen zu einer Sci-Fi Jugendserie zurück, die ich als Teenager gern gelesen habe (Ich sah in der Stadt einen Mann mit Collie, wie ihn der Bösewicht in jenen Büchern hatte und wurde auch tatsächlich nach den Büchern im Internet fündig, weil meine Originale wahrscheinlich längst im Keller verschimmelt sind.) Was das jetzt mit Judentum zu tun hat? Auf Talmud.de (http://www.talmud.de/cms/Juden_und_Juedisches_in_d.125.0.html?&no_cache=1&sword_list[]=Science-Fiction) hatte ich vor Jahren einmal einen Artikel über jüdische Personen in Science Fiction Filmen geschrieben und welche Rolle sie darin spielen. Ich erhalte noch immer Zuschriften über Personen, die ich vergessen habe, z.B. Ivanowa aus Babylon 5 (sorry, die Serie war mir einfach zu bunt), dabei hatte ich jene Hauptfigur aus meinen damaligen Lieblingsbüchern ebenfalls vergessen, Präsident Samuel Hirschmann, Jude deutscher Abstammung. Der Autor vermied allerdings das Wort Jude geflissentlich, wahrscheinlich war das in den Siebzigern noch schwieriger als heute, und entsprechend verkrampft ist dann auch die Darstellung der gesamten Person, die wunderbar in mein beschriebenes Klischee vom jüdischen Mahner passt, bis auf ein erzwungenes Umschwenken des alten Präsidenten auf die "dunkle Seite".

Die Geschichte ist schnell erzählt: Ein böser Militarist mit Hund - auch sehr klischeehaft, der texanische General Smith als Mischung aus George Bush und J.R. Ewing ohne Sex-Leben - putscht sich im Jahr 2069 in der westlichen Welt an die Macht und baut einen elektronisch unterstützten Polizeistaat auf. Da er sicherheitshalber auch auf die Macht der Propaganda setzt, will er den anerkannten, beliebten Präsidenten dazu überreden, eine Abdankungsrede in seinem Sinne zu halten. Witzig ist, das das Gespräch am 25. September 2069 stattfindet und die beiden erst einmal über einer Tasse Tee den Sachverhalt diskutieren. Hat der Präsident vielleicht daran gedacht, dass an diesem Tag Jom Kippur ist und er sich vielleicht mit seinem politischen Gegener versöhnen sollte? Nö, so jüdisch ist er nun auch wieder nicht, oder der Autor hat 1970 einfach noch nicht den genialen Kaluach gehabt. Da er, wie sich das für den alten jüdischen Mahner gehört, auch sterbenskrank ist, sei ihm auch die Tasse Tee mit dem General gegönnt, den er immerhin in ein interessantes Gespräch verwickelt: "Mein Hund kennt mich, wie ich wirklich bin." "Hunde werden auch nicht verhaftet". Natürlich widersteht der alte Mann und kann erst per elektronischer Gehirnwäsche auf den neuen politischen Kurs gebracht werden. Wenn man bedenkt, dass derzeit wieder die Elektroschocktherapie in der Psychiatrie en vogue wird, ist das vielleicht gar keine Science Fiction.

Aber es gibt noch anderes Jüdisches im Buch, nämlich als der Held des Geschehens heimlich im elektronisch abgehörten Wohnblock seiner Freundin Ruth die Flucht aus den Fängen des "tollwütigen Texaners" plant - hier ist nicht George Bush gemeint, sondern der hundeliebende Bösewicht - zur Ablenkung des Geheimdienstes nämlich wirft er die Stereoanlage seiner Freundin an und "ein alter synagogaler Gesang ertönte", der die Geheimpolizei ordentlich verwirren sollte. Da wir uns immer noch zur Zeit der hohen Feiertage befinden, so meine Spekulation - geht der Trick auch auf. Vielleicht dachten die Polizisten ja, dass da jemand ordentlich Sukkot feiert. Ich würde jedenfalls gern wissen, wie man Sukkot im Jahr 2069 feiert, vielleicht mit einer recylingfähigen Plastiksukke?

Na jedenfalls war das mal wieder ein spannender Ausflug in meine Jugendzeit, damals fiel mir nämlich noch gar nicht auf, wie klischeehaft das alles war. Gelesen habe ich das Buch trotzdem noch mal gern.

Unser Rabbiner hat übrigens mal in einer texanischen Gemeinde gearbeitet, da brachten die Leute einen Kasten Bier zum Kiddusch mit. Aber sie feuerten nicht ihre Revolver ab, satt an Rosch ha Schana Schofar zu blasen - vielleicht hätte das ihre Collies erschreckt.....

Mehr Infos zum Buch und auch ein Forum, in dem über Klischees darin diskutiert wird, gibt's hier: www.markbrandis.de

An die Jungs, die aus dem ganzen ein Hörspiel machen wollen, synagogale Musik gibt es hier: www.virtualcantor.com

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