Dienstag, 26. September 2006

Könnte ich orthodox sein?

Irgendwie scheint mich die Müdigkeit der letzten Tage erst heute so richtig einzuholen, also noch schnell ein Beitrag, bevor ich am PC einschlafe (was an einem P133 Baujahr 1997 nicht allzu schwer fällt!)

Angesichts einiger Gespräche an RhS kam die Frage auf, ob ich mir vorstellen könnte, auch orthodox zu leben. Schwierig, schwierig, kann ich da nur sagen, wie beantwortet man so eine Frage? Ich könnte mir vorstellen, strenger Kaschrut zu halten als bisher - sprich auch außerhalb meiner eigenen 4 Wände - ich könnte mir auch vorstellen, zniesdike Kleidung in gewissem Rahmen zu tragen. Vielleicht würde ich sogar das Rauchen aufgeben und am Schabbat nicht mehr fahren. Aber könnte ich mir auch vorstellen, nicht mehr vor gemischtem Publikum vorzubeten und hinter einer Mechitze zu versauern? Wenn es in Deutschland aktive Frauenminjanim gäbe, dann vielleicht auch das, aber leider sieht die orthodoxe Wirklichkeit hier noch nicht so aufgeschlossen aus wie in anderen Ländern, wo es auch Frauen ermöglicht wird, sich in orthodoxen Gemeinden außerhalb der Küche zu betätigen. Ich koche sehr gerne und auch sehr gut (wie mir ein orthodoxer Mann noch kürzlich bestätigt hat), aber als Küchenmamsell will ich mein Leben nicht verbringen. Das wurde mir erst dieses RhS klar, als ich eine eifersüchtige Breitseite einer orthodoxen Frau abbekam, die ihre Befriedigung wohl nur aus dem Kochen bezieht und sich nicht vorstellen kann, dass eine Frau auch kochen und Tora lesen kann.

Also, wenn orthodoxe Leute wie Avi Weiss, Saul Bermann, mein geschätzter Freund Itzchak Lifschitz oder Sara Hurwitz ihre Orthodoxie nach Deutschland transferieren könnten, dann würde ich mich der Orthodoxie öffnen. Vorher nicht.

11 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

naja, "hinter der mechize" zu VERSAUERN... finde ich schon sehr abwertend. man muß es nicht mögen, aber vielleicht kannst du es ja orthodoxen frauen trotzdem zugestehen, daß man auch hinter der mechize (oder auf dem balkon) sehr sinnvoll und intensiv beten kann... und ihnen nicht absprechen, daß man auch hinter einer mechize durchaus spirituell erleben kann.
den sinn jüdischen gebets oder jüdischer spiritualität davon abhängig zu machen, ob ich zur tora aufgerufen werden oder ein stück stoff anlegen kann, habe ich schon immer zweifelhaft gefunden. wieviele männer (und in der reform auch frauen) stehen denn jeden schabbes wie die letzten golems vor der tora, stammeln die broche mehr schlecht als recht zusammen und wissen ansonsten überhaupt nicht, was abgeht?
der grad an bildung ist ja auch in der reform nicht zwangsläufig grösser, weil es reform ist ...
orthodox zu sein hat doch nicht nur etwas damit zu tun, ob frau hinter einer mechize sitzt, sondern betrifft das ganze leben, unter der woche, in vielfältigen situationen.
für mich ist die entscheidung, hinter einer mechize zu sitzen, richtig, weil mir in der reform (und auch bei den conservatives) judentum viel zu sehr ausschliesslich auf schabbes und chagim und vielfältige äußerlichkeiten beschränkt ist.
jede strömung hat eben so ihre defizite, und man/frau muß schauen, mit welchen sie besser zurechtkommt.

frauenminjanim wird es hier auch geben.
aber das braucht noch zeit. im moment sind diejenigen, die traditionell jüdisch leben wollen, damit beschäftigt, sich grundlegend mal zurechtzufinden und strukturen aufzubauen.

Mirjam Lea hat gesagt…

Hallo Matronit,

ich zweifele absolut nicht daran, dass Frauen auch hinter der Mechitza aufrichtig und ernsthaft beten und ich gehe auch mit dir überein, dass orthodox nicht zwangsläufig blöde Frau und konservativ/liberal schlaue Frau bedeutet. Einen miesen Bildungsgrad gibt es meines Erachtens in allen Richtungen des Judentums, ebenso wie es auch in allen Richtungen vernünftige Leute gibt.

Um jetzt nicht in Allgemeinplätzen zu versinken, frage ich dich, warum gehst du denn in die Synagoge, wenn du nicht an allen Aktivitäten teilnehmen willst? Könntest du dann icht ebenso gut zu Hause beten? Wenn es dir um die Gemeinschaft geht, verstehe ich das sehr gut, schlißlich ergibt sich hierzulande nicht allzu oft die Gelegenheit, mit anderen Juden außerhalb der Synagoge zusammenzutreffen, zumindest in der Provinz nicht. Aber leider geht es gerade in der Gemeinschaft oft um das Praktizieren von Äußerlichkeiten, das haben orthodoxe und liberale Gemeinden gemeinsam - in liberalen Gemeinden stehen viele Menschen unter Druck, sich zu beweisen, dass sie trotz ihrer Liberalität ein religiöses Leben führen, in orthodoxen Gemeinde erlebe ich aber ebenso oft, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.

Ich finde, es geht auch um Wahlfreiheit, sicherlich macht der Gang zur Tora nicht den frommen Juden aus, aber ich finde, hier sollten auch mal halachische Minderheitenmeinungen zum Tragen kommen, die den Frauen zumindest die Entscheidung lassen, ob sie sich in der Lage sehen, zur Tora zugehen oder nicht. Findest du es nicht auch traurig, dass viele kleine Gemeinden lieber die Lesung ausfallen lassen, als Frauen einspringen zu lassen? Ich meine nicht Frauen als Lückenbüßer, sondern Frauen in einer partnerschaftlichen Beziehung, in der Mann und Frau füreinander da sind, wenn es brennt, um sich gegenseitig zu ergänzen. Genauso gestehe ich auch Männern eine Freiheit der Rollenwahl zu.

Ich persönlich empfinde große Bewunderung für die moderne Orthodoxie, die es jetzt einfach mal anpackt. Wie lange sollen wir denn noch warten, bis sich mal was tut? Bis unsere Gemeinden an Nachwuchsmangel eingegangen sind?

LG Mirjam Lea

Anonym hat gesagt…

nun, ich gehe in die synagoge, weil ich gemeinsam mit anderen frauen bete und singe, weil meine familie geht und wir gemeinsam in der synagoge sein möchten ... weil ich die toralesung hoeren moechte, und natuerlich, weil ich dort menschen treffe, u.a. auch diejenigen, die ich zum kiddusch an unseren tisch hole. und weil es eine mizwa ist, auch für die frauen (s. responsa yehuda henkin). die synagoge ist selbstverstaendlich auch immer ein sozialer ort, selbst am schabbat ;-), und das argument, daß man sich als frau ja außerhalb des schabbes treffen könnte (weil man angeblich nichts zu tun hat bzw. keine "funktion"), finde ich sinnlos und polemisch.
maenner nehmen im uebrigen auch nicht an allen aktivitaeten teil. meist sind sie de facto genauso "passiv" wie die frauen, zumal in grossen gemeinden, wo nicht jeder alle 2 schabbatot zur tora aufgerufen wird.

grundsaetzlich denke ich auch, dass sich auf lange sicht in bezug auf die teilnahme von frauen an der liturgie auch in der orthodoxie etwas veraendern muss - bzw. ich bin mir sicher, dass sich etwas veraendern wird. aber langsam, vielleicht wird es mich nicht mehr betreffen, aber meine kinder oder - b'esrat ha'schem - meine enkelkinder. was die "fringes" der modernen orthodoxie im moment versuchen, ist nicht uninteressant, aber es bleibt die frage, ob dies eine loesung bringen wird, die nicht wieder nur eine stroemung mehr produziert. mein eindruck ist, daß man die situation in amerika nicht auf hiesige verhaeltnisse uebertragen kann, da wir ganz allgemein noch sehr damit beschaeftigt sind, die "scherben" zusammenzusammeln, und zu einem bild zu fuegen - fuer neuerungen ist noch nicht soviel atem da, weil wir noch nicht genau wissen, was wir ueberhaupt haben. erneuern und veraendern kann ja nur, wer etwas zum erneuern und veraendern hat.
ich glaube auf jeden fall nicht daran, dass das sinnvollste modell dasjenige ist, welches reform oder conservatives vorleben. dort wird zuviel geopfert, und dabei gleichzeitig eine ueberbetonung des synagogalen rituals gepflegt. das meiste wird an den rabbiner delegiert. judentum findet in der syngoge statt - ausserhalb gibt es wenig platz dafür, allenfalls als politisches bekenntis, aber wenig als lebensform. ALLE meine bekannten und freunde aus der reform/ dem kons. judentum sind keine schomrei mizwot und unter der woche spielt judentum eine allenfalls winzige rolle, und empfindlich zu beobachten ist das dann bei den kindern. das juedische leben in der hiesigen reform empfinde ich als sehr traurig und ich denke, da ist viel verwirrung dabei. nehm' ich diese mizwe auf mich oder lieber doch eine andere? zizis oder kaschrut? nee, lieber doch am jom kippur ein weisses nachthemd anziehen (was keine mizwe ist, sd. nur minhag, nebenbei) usw. usf. es gibt wenig stringenz, viel beliebigkeit.
das scheinen mir zentralere probleme zu sein als das problem, daß ich im moment als frau nicht zur tora aufgerufen werde - weil davon viel mehr abhaengt.
der nachwuchsmangel entsteht doch nicht daraus, daß gleichberechtigung im sinne der bürgerlichen gesellschaft in den synagogen nicht stattfinden würde. auch die reform platzt nun nicht aus allen nähten, und zudem müssen wir abwarten, wie es in den hiesigen liberalen strömungen in etwa 10-20 jahren aussieht.
in amerika hat alle gleichberechtigung auf jeden fall nicht viel geholfen - sowohl in der reform als auch im konservativen judentum gibt es eine enorme abwanderung. die tendenz sieht nicht gut aus.

Mirjam Lea hat gesagt…

Hm, das mit der Abwanderung aus konservativen und liberalen Gemeinden finde ich ein sehr komplexes und bedenkliches Thema, ich denke da gibt es eine Art postfeministische Bewegung, die zu alten Werten zurückstrebt, weil sie für die Frauen vielleicht bequemer waren. Ich finde das teilweise ein bißchen unfair, wir Frauen wollen zwar die Segnungen der Moderne genießen (zum Beispiel das Wahlrecht, wirtschaftliche Freiheit) aber die unangnehmen Dinge überlassen wir dann doch lieber den Männern - das ist jetzt keine Angriff gegen dich, sondern nur so ein allgemeineer Gedanke von mir.

Ich gebe dir Recht, dass man die amerikanischen Verhältnisse nicht eins zu eins übertragen kann, aber ich finde, man sollte offen sein. Die Menschen warten mancherorts einfach darauf, frische Anregungen zu bekommen. Was das Schomer Mitzwot sein in der konservativen Bewegung angeht, muss ich dir allerdings widersprechen, vielleicht haben konservative Juden einfach eine andere Auffassung davon, das was du als politisches Bekenntnis bezeichnest? Für mich gehört jedenfalls auch ein bestimmtes Verhalten in Alltag und Beruf zu meinem religiösen Leben, ich möchte das nicht auf den Umgang mit Juden beschränken.

Schön finde ich, dass du Henkin zitierst ;-) und toll ist es auch, dass ihr in der Synagoge singt, ich versuche einigen Damen in unserer Gemeinde nämlich gerade beizubiegen, das es weitaus mehr Kol Ischa ist, den G'ttesdienst mit Gemeckere über die armen Männer zu stören als mitzusingen ;-)

Von der Beliebigkeit der Reform bin ich selbst auch ein bißchen abgekommen, obwohl ich denke, dass die persönliche Autonomie dort eine wichtige Sache ist. Was ich nicht mag, ist wenn die Leute sich damit aus der Verantwortung zum Lernen entlassen und sich nicht einmal mehr die Mühe machen, nachzuforschen, was halachisch geht und was nicht...

LG und schon mal Schabbat Schalom

Mirjam

Anonym hat gesagt…

welche "unangenehmen dinge"meinst du denn?

was frauen anbelangt, die in der schul lieber quatschen als mitsingen (männer übrigens gleichermassen, vor allem an den hohen feiertagen), so ist das sicher darauf zurück zu führen, daß diese leute einfach jüdisch ungebildet sind. eine weitere aufgabe orthdoxer frauen ist es beispielsweise auch, anderen frauen beim davenen zu helfen - sich im siddur zurechtzufinden etc., ganz konkret. noch eine aufgabe für schabbes also, abseits von den "wichtigen" funktionen.

ich denke, der knackpunkt ist wirklich der, wie dinge gewertet werden. wenn ich "eine alijah bekommen" als höher einschätze als "nur zu beten" (und eventuell auch nur zu hause), dann ist das einfach eine betrachtung aus dem falschen blickwinkel.
sicher, im judentum gibt es wertungen - so ist der, der am "hoechsten" steht, der talmid chacham. auch hier haben frauen nicht unbedingt DEN zugang, aber es gibt eine entwicklung seit dem chatam sofer.
aber generell kann man nicht sagen, daß das stehen auf der bima, ba'al (oder ba'alat, wenn du so willst) tfila sein hoeher bewertet wird als das gebet des "einfachen" beters. das ist menschengemacht.

mit dem "politischen bekenntnis" meinte ich ganz konkret, daß ideelle werte ueber den werten des konkreten handelns, der erfuellung der "basic mizwot" sozusagen, stehen. das ist für doch ziemlich viele so (und ich frage mich immer warum: aus bequemlichkeit? weil man sich ansonsten vielfach behaupten muß als minderheit?). ich bin auch dafür, weltliche politik nicht als peripher zu betrachten, oder nur "die eigenen leute" im blickfeld zu haben, aber wenn ich dabei das jüdische tun aus den augen verliere, dann ist mir das zu wenig.
das ist auch auslassen aus der verantwortung zum jüdischen lernen.
individualitaet schoen und gut, aber liegt hier nicht auch eines der großen probleme des liberalen judentums? jeder kann doch mehr oder weniger fuer sich entscheiden. hm, jedem seine eigene stroemung? und die konservativen? die haben trotz der RA und rav golinkin ebenfalls eine sehr individualistische praxis. sie wissen zudem meines meinung nach nicht, wo sie eigentlich stehen wollen. die einen wollen ein bischen mehr orthodox, die anderen wollen es liberaler. in israel darf man nicht fahren am schabbes, in amerika darf man. und ohnehin: auch hier erfuellt der rabbi stellvertretend fuer die gemeinde die mizwot.

last not least: jede/r muß seinen/ ihren weg finden.
interessant waere trotzdem, wenn ein diskurs moeglich waere. dazu muessen liberale den orthodoxen aber auch zugestehen, daß das religioese empfinden ganz anders sein kann: daß frau naemlich ganz unversauert hinter der mechize sitzen kann, ganz verantwortungsbewußt, ohne sich zu druecken und ohne minderwertigkeit.

auch dir schabbat schalom und chag sameach.
und gute erholung in deiner kur!

Anonym hat gesagt…

ps noch zur "kuechenmamsell":
sei dir gewiß, daß orthodoxe frauen nicht als kuechenmamsell ihr leben fristen und keineswegs zu bedauern sind. die meisten von uns sind berufstätig. bei vielen hilft der mann in der küche und bei den kindern mit. und selbst die, die "nur" ihre eigenen kinder versorgen und fuer familie und freunde kochen, brauchen weder dein mitleid, noch deine verachtung.
naja, eigentlich wollte ich mich und die "meinen" nicht rechtfertigen, aber das, was du da geschrieben hast, ist unfair und verraet lediglich deine unkenntnis.

Mirjam Lea hat gesagt…

Ich will gewiß nicht polemisch werden, aber wo gibt es diese tollen, orthodoxen Frauen, von denen du sprichst? Leider war es mir noch nicht vergönnt, sie in meinem Umkreis kennenzulernen. Man soll ja nicht nur von seinem Umfeld auf andere schließen - vielleicht tun wir das beide, du von den liberalen die du kennst, ich von den orthodoxen - aber das wovon ich schreibe, ist leider das, was ich kennengelernt habe, nämlich dass über mich jede Menge Verachtung ausgekippt wurde. Ich verachte Frauen nicht, die sich nur um ihre Familie kümmern, aber sie sollen doch bitte respektieren, dass es auch andere Lebensmodelle gibt. Die Dame, von der ich sprach, hat nämlich leider seit zwei Jahren nichts anders zu tun, als mich in den Dreck zu zíehen. Und erzähle mir jetzt bitte nicht, dass das nur an ihrer Ungebildetheit liegt.

Mir scheint, du gehst davon aus, ich hätte noch nie in meinem Leben orthodoxe Frauen kennengelernt, aber das ist nicht so. Und ich weiß sehr gut, dass es auch orthodoxe Männer gibt, die im Haushalt mit anfassen, aber nach meiner Erfahrung ist das eine Minderheit. Ich lasse mich wie gesagt gern eines Besseren belehren, aber sei auch du bitte nicht unfair und unterstelle mir, ich sauge mir mein Weltbild aus den Fingern.

Was das davenen angeht, es ist ganz toll, dass ihr in eurer Gemiende anderen Frauen dabei helft, aber leider ist in unserer Gemeinde davon abenfalls nichts zu sehen, im Gegenteil, es wird von den orthodoxen Frauen eher unterbunden, dass wir das tun...

Anonym hat gesagt…

mag sein, daß du verachtung orthodoxerseits erfahren hast - dann tut mir das leid. aber das ist doch kein grund, nun in deinem blog deinerseits dich an den orthodoxen frauen zu raechen...
ich wuerde das nicht tun. insofern frage ich mich schon, was dein ziel ist. dialog oder bashing? frustrierende erfahrungen muessen einen ja nicht zwangslaeufig dazu fuehren, klischees zu verbreiten ueber DIE orthodoxie, gerade wenn man sich anmasst auch anderes zu kennen.
uebrigens gehoeren auch die orthodoxen, die du hochhaelst, und von denen ich auch einige schaetze, zu den orthodoxen - und nicht zu den liberalen.
aber das nur nebenbei, ist eigentlich nicht wichtig.
dennoch, sie sind eben auch nur ein teil des ganzen, und man kann sich eben selten die rosinen rauspicken, ohne einer ganzen menge verlustig zu gehen.
natuerlich sollen alle sich idealerweise gegenseitig respektieren. ich respektiere liberale durchaus (merke aber immer, das kritik schlecht ankommt - liegt das an mangelndem selbstbewusstsein?), auch wenn ich denke, daß viele liberale konzepte nicht meiner idealvorstellung entsprechen, und ich die orthodoxie fuer reichhaltiger halte. aber darum bin ich eben auch dort, wo ich bin, und nicht bei den liberalen, mit allen dafuers und dagegens ;-).

in welcher gemeinde bist du denn? ich dachte, du bist bei etz ami, welches ja ein minjan ist, der wohl noch nach seiner ausrichtung sucht.
aber anscheinend gehst du auch noch in eine orthodoxe einheitsgemeinde, aus der du wohl deine erfahrungen ableitest. selten aber ist die deutsche einheitsorthodoxie in praxis und mussar das, was orthodoxie wirklich sein kann.

Mirjam Lea hat gesagt…

Hallo Matronit,

also jetzt möchte ich mich doch mal dagegen verwahren, dass du hier einige Tatsachen verdrehst, ich bin nämlich keineswegs auf einem Rachefeldzug, wie du das nennst. Ich hätte sogar sehr gerne den Dialog gesucht, aber bisher ist das immer abgelehnt worden. Außerdem hast du ja bisher in deiner Argumentation auch einige liberale M.enschen für die ganz Bewegung als repräsentativ dargestellt.

Es mag sicherlich sein, dass einige Menschen sich das Etikett orthodox zu unrecht anheften, aber die Realität, wie ich sie immer wieder erlebe (in einigen Einheitsgemeinden, ich schließe nicht von einer auf alle) sieht leider so aus, dass ich immer wieder auf Aggression gegenüber Liberalen stoße, lange noch, bevor ich selbst polemisch wurde. Und ich finde, die Argumentation "ja, die sind ja auch alle nicht richtig orthodox" gilt auch nicht. Du kannst dir auch aus deiner Richtung nicht nur die Rosinen herauspicken, so wie wir damit leben müssen, dass sich alle möglichen Idioten als liberal bezeichnen. Wir können uns unsere Anhänger halt nicht aussuchen, aber wir können uns auch nicht das dicke "Der gehört nicht zu uns" Schild umhängen, wenn uns mal was nicht paßt, sondern sollten überlegen, warum diese menschne sich von unserer Richtung des Judentums angezogen fühlen. Und da entdecke ich auf beiden Seiten viel Unsicherheit. Und auch wenn es polemisch ist, ich kann mir nicht verkneifen, einigen Frauen, die sich der Orthodoxie angeschlossen haben, eine heile Welt Syndrom zu diagnostizieren, zu dem auch eine gewisse Hausmütterchenmentalität gehört. Wenn eine Frau sich dazu entscheidet, Hausmütterchen zu sein, bitte schön, aber ich persönlich möchte die Wahlfreiheit haben und die bietet mir die Deutschland praktizierte Orthodoxie nun mal nicht. Da kann man mir hundert Mal erzählen, dass es wunderbar ist, dass Frauen angeblich so viel spiritueller sind als Männer und das unsere Aufgaben ja soooo viel wertvoller sind. Das sind für mich Blumen an die Ketten, denn ich halte nicht viel von geschlechtsspezifischer Festlegung der Menschen und Biologismus.

Die Leute, dich ich hochhalte - stell dir mal vor, auch ohne deine Anmerkung hätte ich gemerkt, dass sie orthodox sind - repräsentieren für mich nicht nur die Orthodoxie, sondern Menschen, die es mit dem Judentum wirklich ernst meinen. Mein Freund Itzchak betreut Shira Chadascha in Jerusalem, er ist sehr offen für alles, was sich auf dem Boden der Halacha bewegt und mit ihm läßt es sich wirklich gut diskutieren.

Leider werde ich es nicht vermeiden können, in diesem Blog auch mal wieder die neueste Entgleisung zu dokumentieren, die mal wieder passiert ist, auch wenn der liebe Verursacher sich auch zu unrecht mit dem Etikett orthodox schmückt. Aber so lane, wie mir immer wieder so etwas passiert, betrachte ich meine Polemik als Selbsverteidigung und nicht als Rache....

LG Mirjam

Anonym hat gesagt…

ja, ich habe eventuell auch pauschalisiert, aber ich habe eigentlich zunaechst einmal reagiert auf das, was du in deinem blog eroeffnet hast...
von mir aus sehe ich keine veranlassung, in (m)einem blog (ich habe keinen) liberale abzuwerten.
das ist vielleicht doch ein unterschied und daher meine etwas heftige reaktion.

auf jeden fall moechte ich dich (als liberale) nicht beleidigen, sollte das so angekommen sein, bitte ich hiermit um entschuldigung.

die frage ist ja, ob die, die den liberalen gegenueber aggressiv auftreten, ueberhaupt "orthodox" sind. hier gaelte zu klaeren, was damit gemeint ist. nicht alles, was NICHT liberal ist, ist zwanglaefig orthodox...
das hat nichts mit "rosinen" herauspicken zu tun, sondern damit, wieviel man eigentlich in der jeweiligen "ecke" tatsaechlich angekommen ist. nicht jeder saekulare jude ist automatisch liberal, ebensowenig jeder jude, der nur am schabbes in der synagoge zu finden ist, kaschrut maessig bis gar nicht haelt etc. pp. ich denke, wir sind uns einig, daß auch zum "liberal-sein" ein gewisses bewusstsein gehoert, bzw. eine entscheidung. diejenigen, die in der regel den mainstream bilden, aber weder liberal noch orthodox sind, sondern einfach nur die gemeinde vor ort frequentieren, weil dies ihre eltern schon taten, benoetigen wahrscheinlich eigentlich endlich mal eine eigene bezeichnung. vielleicht sollten man mal eine ausschreibung machen ;-).

ich kann deinen "hausmuetterchen"-eindruck beim besten willen und bei aller bereitschaft zur selbstkritik nicht teilen, tut mir leid. und wenn ich das beobachten wuerde, wuerde ich es ohnehin nicht gutheißen, denn orthodox sein heißt NICHT, daß die bestimmung der frau ist, am herd zu stehen, und mann&kinder kulinarisch und sonstwie zu versorgen. ich weiß nicht, wo du dich da aufhaelst (du hast es ja nicht preisgegeben), aber ich denke, man kann von jener situation nicht auf allgemeines schließen. zudem: darin waren wir uns, glaube ich, schon einig: auch die orthodoxie (auch hierzulande) ist nicht homogen, sie bietet mindestens genauso viele unterstroemungen wie das liberale judentum.
und noch etwas: wahlfreiheit passiert nicht von alleine, freiheit muß man sich erobern. ich nehme gewisse dinge in der orthodoxie in kauf (und es ist ja nicht so, daß ich alles optimal faende), und behaupte mich dort, wo ich es wichtig finde, und wo ich einen sinn sehe.

shira chadascha kenne ich im sehr gut, es gibt einiges am minjan, was mir gefaellt, anderes nicht. die beteiligung der frauen an der liturgie finde ich interessant, andererseits hat der minjan schon eher etwas "konservatives", was das publikum anbelangt: ein nicht unerheblicher teil der "audienz" kommt ja aus dem konservativen spektrum, vom schechter institute u.a.
es bleibt abzuwarten, inwiefern dieser minjan, der ja eine absolute minderheit stellt bislang (nur in den staaten gibt es noch aehnliches), es schafft, etwas allgemein verbindliches fuer einen GROESSEREN teil der orthodoxie zu bilden, oder ob er an den raendern bleiben wird. dazu laesst sich bislang noch nicht viel sagen.
interessanter ist vielleicht das, was rav shlomo riskin mit der ausbildung von yoazot macht, zumal hier es um tatsaechliche hoehere frauenbildung geht. leinen ist schoen und gut, ist aber an sich noch keine hoehere bildung, denn das kann man relativ leicht lernen (ich kann es auch).

wie auch immer, ich finde manche deiner beobachtungen zu verallgemeinernd und auch zu platt. die frage ist, wozu das dienen soll.

der dialog sei immer abgewehrt worden, schreibst du. koennte das nicht auch mE an dir selbst liegen? ich habe die erfahrung gemacht, der ton trifft die musik. im grunde kann man mit allen leuten reden, es kommt einfach darauf an wie. aber wenn man subkutan schon die verachtung fuer eine bestimmte lebensform spuert, dann ist verbal oft auch nicht mehr viel zu machen. ist nur ein gedanke, muß mit deiner realitaet nicht uebereinstimmen, vielleicht sendest du ja keine nonverbalen messages.
wie auch immer, es ist immer einen neuen versuch wert.

Anonym hat gesagt…

ps

"Was das davenen angeht, es ist ganz toll, dass ihr in eurer Gemiende anderen Frauen dabei helft, aber leider ist in unserer Gemeinde davon abenfalls nichts zu sehen, im Gegenteil, es wird von den orthodoxen Frauen eher unterbunden, dass wir das tun..."

schriebst du.
dazu habe ich noch eine frage: was macht denn die orthodoxie deiner gemeinde aus? woran ist sichtbar, daß es sich um eine orthodoxe gemeinde handelt (abseits von der sitzordnung oder einem eventuell existierenden orthodoxen rabbiner oder vorbeter)? praktizieren die mitglieder? oder handelt es sich primaer um eine noo-gemeinde?